Ein vornehmer Geist verabschiedet sich - Nachruf für Prof. Dr. Ernst Oldemeyer
Mit 92 Jahren ist der Philosoph Ernst Oldemeyer in Karlsruhe verstorben. Wir beklagen den Verlust einer umfassend gebildeten, toleranten und liebenswürdigen Persönlichkeit, die über drei Jahrzehnte an der Karlsruher Universität (heute KIT) allgemeine Philosophie und im Studium Generale lehrte.
Nach seinen Studien an den Universitäten Bonn und Freiburg, wo er 1960 über „Wahrheit bei Schelling“ promovierte, wirkte er seit 1961 als Assistent bei Prof. Moser und nach der Habilitation 1969 über „Struktur und Funktion des Bewusstseins“ als Dozent - und seit 1974 als Professor am hiesigen Institut für Philosophie. Lange Jahre leitete er das Institut und fünf Jahre als Dekan die Fakultät für Geistes- und Sozialwissenschaften. Viele Jahre war er Mitglied des technikphilosophischen Kreises des Vereins Deutscher Ingenieure, der die VDI-Richtlinie „Technikbewertung“ erarbeitete. 1993 trat er in den Ruhestand, lehrte aber noch weiter im Zentrum für Kulturwissenschaft (ZAK).
Er bereicherte phänomenologische Bewusstseinsanalysen, besonders dabei das Reflektieren von Zeit und Handlungen und der Reflexionsstufen. Später veröffentlichte er sozialphilosophische Bücher zur Philosophie der Werte sowie zur Ästhetik und Kunstphilosophie. Letzte Arbeiten: „Leben - Technik“ (2007), „Alltagsästhetisierung“ (2008), „Dialektik der Wertorientierungen“ (2010), Weltsichten“ (2016).
Die interne Festschrift zum 60. hatte den Titel „Ernst-Sein“, aber doch nicht zu ernst; Humor ist ja die Kunst, sich selber nicht zu ernst zu nehmen. Seine gewinnende Freundlichkeit und sein ausgleichender Geist sowie Humor führten dazu, dass man ihn intern „den guten Menschen von Karlsruhe(s Philosophie)“ nannte. Einen so in sich ruhenden lächelnden Philosophen sollte man nicht vergessen.