In Gedenken an Hans Lenk

Im Jahr 2021 zeichnete das KIT Professor Hans Lenk (rechts) mit der Ehrenbürgerwürde aus, links im Bild der damalige Präsident des KIT, Professor Holger Hanselka.Daryoush Djavadi, KIT

Zum Tod von Professor Hans Lenk

Am 30. Juli 2024 ist Hans Lenk, der seit 2003 emeritierte langjährige Ordinarius für Philosophie an der Universität Karlsruhe (TH), die heute ein Teil des KIT ist, im 89. Lebensjahr gestorben. Damit endete nicht nur ein langes, sondern auch besonderes erfolgreiches, ja glanzvolles akademisches Leben.

In Berlin geboren, wuchs Lenk in Ratzeburg auf. Nach dem Abitur an der dortigen Lauenburgischen Gelehrtenschule studierte er 1955-61 Mathematik, Philosophie, Soziologie, Sportwissenschaft, Psychologie in Freiburg und Kiel sowie, während seiner Assistentenzeit an der TU Berlin, auch Kybernetik. Nach seiner Doppelhabilitation für Philosophie und Soziologie lehrte Lenk zunächst in Berlin, bis er 1969 einem Ruf auf den Lehrstuhl für Philosophie an der Universität Karlsruhe folgte.

Neben seiner Karlsruher Forschungs- und Lehrtätigkeit hatte Lenk eine Vielzahl von Ehrenämtern in wissenschaftlichen Institutionen des In- und Auslandes inne: Er war Dekan der Europäischen Fakultät für Bodenordnung in Straßburg sowie mehrfach Ehrenprofessor (u.a. in Budapest, Moskau und Texas); er war Präsident der Allgemeinen Gesellschaft für Philosophie in Deutschland und Präsident der bilateralen Philosophischen Gesellschaften mit Argentinien, Chile und Ungarn; seit 1994 war er Mitglied des Institut International de Philosophie, einer Art „Weltakademie“ des Faches, seit 1996 auch im Vorstand und 2005 als erster Deutscher dessen Präsident. 1995 wurde er in die Internationale Akademie für Philosophie der Wissenschaften aufge­nommen, und der Weltkongreß für Philosophie wählte ihn zum Vizepräsidenten der Fédération Internationale des Sociétés de Philosophie, der Weltdachgesellschaft der philosophischen Vereinigungen.

Als Gastprofessor hat Lenk u.a. in den USA, Brasilien, Venezuela, Norwegen, Japan, Österreich, Indien, Chile und der Schweiz gelehrt. Zu den zahlreichen Ehrungen, die ihm zuteil wurden, gehören Ehrendoktorwürden der Deutschen Sporthochschule Köln, der Universitäten von Moskau, Córdoba (Argentinien), Budapest und Pécs (Ungarn) sowie diverse Preise, u.a. die Wissenschaftliche Carl-Diem-Medaille, der Philip Noel Baker Research Prize der UNESCO, der Outstanding Academic Book Award der Association of College and Research Libraries (USA) und der Distinguished Scholar Award der internationalen Philosophic Society for the Study of Sport.

Mit dem Sport verband Lenk nicht nur ein philosophisch-wissenschaftliches Interesse, sondern eine erfolgreiche Vergangenheit als Leistungssportler, die ihm neben einem Olympiasieg (1960 im Achter) mehrere Europameisterschaften im Rudern einbrachte und 1966 als Amateurtrainer eine Weltmeisterschaft. Seinen alten Lehrer vom Ratzeburger Gymnasium, Karl Adam, zugleich weltberühmter Rudertrainer, zählte er stets zu den Personen, die ihn am meisten geprägt haben: Adam habe ihn mit philosophischen Fragestellungen bekannt gemacht, ihn gelehrt, diese praxisnah zu verfolgen, und ihn so zu einer Philosophie der „Eigenleistung“ angeregt. Wollte man Lenks Hauptarbeitsgebiete auch nur stichwortartig nennen, so käme das einer Aufzählung fast aller in der Philosophie bearbeiteten Themen gleich. Daß er mit großem Sachverstand auf Fragestellungen eingehen konnte, die in anderen Fächern aufkamen, sowohl in den Natur- und Ingenieurwissenschaften als auch in den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, machte ihn in Verbindung mit seinem aufrichtigen Interesse an interdisziplinärer Kooperation zu einem besonders geschätzten Kollegen in der Professorenschaft einer technisch geprägten Universität.

Hans Lenk war nicht nur einer der produktivsten Vertreter der deutschen Gegenwartsphilosophie, sondern ohne Frage der produktivste. Die Anzahl seiner Publikatio­nen ist vierstellig, die der Bücher darunter immerhin noch dreistellig. In Anerkennung seiner außergewöhnlichen Lebensleistung verlieh ihm der Bundespräsident 2005 das große Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland.

Am Institut für Philosophie wird er denen, die ihn noch erlebt haben, auf vielfache Weise in dankbarer und respektvoller Erinnerung bleiben: als ein Forscher von Weltruf, als anregender akademischer Lehrer, als überaus nahbarer und humorvoller „Chef“ und nicht zuletzt als stets hilfsbereiter und großzügiger Förderer derer, die Unterstützung bedurften.

REQVIESCAT IN PACE

Hans-Peter Schütt