Philosophie des LHC
- Ansprechperson:
Rafaela Hillerbrand und Paul Grünke
- Förderung:
DFG
- Projektbeteiligte:
BU Wuppertal, RWTH Aachen, Caltech, AAU Klagenfurt, University of South Carolina, TU Berlin
- Starttermin:
2017
- Endtermin:
2020
Wissenschaft und Technik sind eng miteinander verflochten. Lange Zeit wurden Technologie und Technik als bloße Anwendung von naturwissenschaftlichem Wissen in der Praxis angesehen. In der gegenwärtigen Technikphilosophie wird hingegen ingenieurswissenschaftlicher Tätigkeit ein unabhängiger Status zugesprochen. Nicht nur gehen Technologie und Technik über die bloße Anwendung wissenschaftlicher Ergebnisse hinaus, sondern Technik spielt auch als Gestalter und Ermöglicher von komplexen Experimenten eine aktive und gestaltende Rolle bei wissenschaftlichen Entdeckungen. In modernen Experimenten wird technologisches Wissen oftmals über Computersimulationen vermittelt und wirkt sich so auch auf die reine Wissenschaft wie die Hochenergiephysik (HEP) aus. Mit diesem Projekt wollen wir besser verstehen, wie sich Technik in Form von komplexen Experimenten auf wissenschaftliche Entdeckungen auswirkt, und fokussieren dabei auf die Rollen von Computersimulationen in der Datengenerierung in der Hochenergiephysik (HEP).
Computersimulationen stellen in der HEP gegenwärtig ein wichtiges Instrument in der experimentellen Datengenerierung dar. Dies wirft epistemische Fragen auf, die Gegenstand dieses Projektes sind. Konkret befassen wir uns mit Computersimulationen, wie sie beim ATLAS-Experiment am LHC seit 2008 gebraucht werden. Zentrale Ziele des Projekts sind dabei, zum einen ein besseres Verständnis des Gebrauchs und der Implikationen konzeptuell einfacher Computersimulationen in einem überaus komplexen experimentellen Setting zu erhalten. Zum anderen geht es um eine erkenntnistheoretische Charakterisierung experimentellen Wissens, das (auch) auf Simulationen aufbaut sowie um ein besseres Verständnis der Beziehung zwischen theoretischen, phänomenologischen und Computer-basierten Modellen. Weiterhin möchten wir analysieren, wie sich die Einbeziehung von Simulationen in die experimentellen Verfahren auf das Entdeckungspotenzial des ATLAS-Experiments auswirkt.
Um diese Ziele zu erreichen, bedarf es eines detaillierten Verständnisses, wie Computersimulationen bei ATLAS eingesetzt werden, d.h. insbesondere welche Ziele die Wissenschaftler mit den Simulationen verfolgen und welche charakteristischen Merkmale diese aufweisen. So streben wir eine Klassifizierung der bei ATLAS verwendeten Simulationsmodelle in Bezug auf Aufbau und Funktion im Gesamtexperiment an. Mit Hilfe des Begriffs „epistemisches Risiko“ möchten wir dabei untersuchen, wie sich Computersimulationen auf das Entdeckungspotenzial des Gesamtexperiments auswirken. In diesem Teil des Projektes geht es darum, die Ursachen für Unsicherheiten in Versuchsergebnisse zu erfassen, die durch den Einsatz von Simulationen entstehen, und deren Auswirkungen auf die Zuverlässigkeit der experimentellen Ergebnisse zu untersuchen.